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Poster aus Vorarlberg beim Österreichischen Palliativkongress in Villach 4.-6. April 2024

Beim zweijährlich stattfindenden Kongress der Österreichischen Palliativgesellschaft (ÖPG) werden Poster wissenschaftlicher Projekte aus dem Vorarlberger Palliativlehrgang und der Palliativstation veröffentlicht. 2024 erhielt das Projekt Palliative Care Goes School einen Preis. Die Druckkosten wurden von der Gesellschaft übernommen.

Für den Download aller Poster aus Vorarlberg klicken Sie auf das Bild:

 

Palliativprojekt Vorarlberg: Bericht über eine multidisziplinäre Entwicklung.
UNIV.PROF. DR. GEBHARD MATHIS, Katharina Rizza
Bildungshaus Batschuns

Angesichts der demographischen Entwicklung mit zunehmender Überalterung der Bevölkerung entstehen große Herausforderungen an Palliative Care (PC). Durch die Ausweitung der Palliativversorgung auf nichtonkolgische chronische Erkrankungen und die Frühintegration werden die Anforderungen an die Palliative Geriatrie deutlich zunehmen. Es wird geschätzt, dass 69-82% der Patienten in den Ländern mit höherem Einkommen Palliative Care brauchen [Etkind, Murtagh, Schenker]. In diesem Bericht werden 30 Jahre multiprofessioneller Entwicklung von PC in Vorarlberg reflektiert.

Ergebnisse:

Vorarlberg ist ein österreichisches Bundesland mit 400.000 Einwohnern. Es bestehen flächendeckend Krankenpflegevereine zur ambulanten Versorgung zu Hause. Auch in den Pflegeheimen (52 für 96 Gemeinden) gibt es überall in PC geschultes Personal (ca 30%). Dazu bestehen es eine Palliativstation und ein Hospiz mit jeweils 16 Betten, was dem Planungshorizont des Österreichischen Bundesinstituts für Gesundheitswesen entspricht.

Aus- und Weiterbildung:
Seit 22 Jahren werden intersiziplinäre Palliativlehrgänge im Bildungshaus Batschuns mit namhaften internationalen Referenten durchgeführt, jeweils 15 Tage, mit bisher 773 Teilnehmern, davon 65 % Pflegende, 18 % Ärzte und 17 % andere pyschosoziale Berufe. Die Teilnehmer haben auch eine aufwändige Projektarbeit durchzuführen, die dann vor Ort am meisten bewegt und verändert. Dadurch wurde ein palliativer Krisenplan entwickelt, der in den meisten Heimen zur vorausschauenden Planung eingeführt ist. Darüber hinaus finden hier regelmäßig themenbezogene Palliative Care Workshops statt, wie zur Schmerztherapie, Symptomkontrolle, Tod und Trauer [Rizza].

Medizinische Koordination im Pflegeheim:
Ein besonders zielführendes Projekt war die medizinische Koordination im Pflegeheim 2014 und 2015 unter Leitung von Frederic Fredersdorf. Diese Projekte zeigten in der begleitenden wissenschaftlichen Untersuchung ein verbessertes Wohlbefinden der Bewohner und des Personals. Es wurden Medikamente geändert oder gezielter eingesetzt. Das Einsparungspotential lag bei insgesamt € 40.000. Die Grundversorgung soll beim Hauarzt bleiben, der die Patienten und Zugehörigen lange kennt. Dennoch braucht es eine(n) Behüter:in, womit das ausreichende Vorhandensein von Schmerzmedikamenten überwacht wird, die Neuaufnahmen angesehen werden und die Kommunikation im Team gewährleistet ist. Diese Aufgabe kann der Gemeindearzt oder eine andere Allgemeinmedzinerin nach entsprechender Vorbildung übernehmen. Zunehmend wird diese Koordination des Austausches und einer Teambildung von der Pflege wahrgenommen [Pesut]. Diese ist näher bei den Bewohnern und nimmt entsprechend mehr wahr.

Sterbeorte:
In Vorarlberg sterben seit 20 Jahren konstant etwa 30% zu Hause, 20% im Pflegeheim, 40% im Krankenhaus, der Rest bei Unfällen ode rim Ausland. Der Wunsch, zu Hause oder in der vertrauten Umgebung (Pflegeheim) zu sterben liegt bei 80%. Der Trend in Richtung Pflegeheim wird sich verstärken, da die Krankenhäuser das Sterben aus Kostengründen und wegen Überlastung zunehmend auslagern. Andrerseits werden bei der gegenwärtigen Singualisierung mehr Leute auf ein Pflegeheim angewiesen sein [Statistik Austria].

Ehrenamt
Die Hospizbewegung Vorarlberg hat 8 hauptamtliche Koordinatoren und stellt ca 250 ehrenamtliche Mitarbeiter zur Verfügung. Oberstes Ziel der Hospzibegleiter:innen ist es, dem sterbenden Menschen ein würdevolles Leben bis zuletzt (also Lebensbegleitung) zu ermöglichen, sei dies zuhause, im Krankenhaus, im Alters- und Pflegeheim. Um diesem Ziel gerecht zu werden, stellt die Hospizbewegung den kranken und sterbenden Menschen, aber auch die Angehörigen, mit ihren Wünschen und Bedürfnissen, aber auch mit seiner Angst und Hilflosigkeit in den Mittelpunkt – unabhängig von seinem sozialen, religiösen und politischen Status. Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hopsizbewegung leisten keine Pflegedienste.

Daneben gibt es noch flächendeckend Krankenpflegevereine, die sich zunehmend auch in der Palliativversorgung insbesondere in der palliativen Geriatrie engagieren. Ein verstärkter Fokus der ambulanten Krankenpflege auf PC ist zuletzt deutlich zu spüren.

Migrationshintergrund
Nächste Herausforderung: Rund 30% der Bevölkerung in unserem Bundesland haben einen Migrationshintergrund. Deren soziokulturuelle Hintergründe verdienen besondere Aufmerksamkeit. In einer aktuellen Untersuchung aus Aachen stach eine Diskrepanz zwischen der Eigen- und Fremdwahrnehmung der Professionellen bezüglich des kultursensiblen Umgangs mit den Klienten hervor. Die Zugehörigen zeigten sich dankbar und zufrieden. Sie legten Wert auf Empathie und Offenheit. Der Umgang mit Ritualen am Lebensende in verschiedenen Religionen ist den Professionellen noch wenig vertraut [Nowara].

 

Referenzen:

Etkind SN, Bone AE, Gomes B, et al. How many people will need palliative care in 2040? Past trends, future projections and implications for services. BMC Med. 2017; 15:102. doi: 10.1186/s12916-017-0860-2.

Mathis G, Hartmann S, Fredersdorf F. The Vorarlberger Modellproject „Medical coordination in nursing homes – qualitative Analysis. Z Palliativmed 2017; 18: 232–233

Murtagh FEM, Bausewein C, Verne J et al. How many people need palliative care? A study developing and comparing methods for population-based estimates. Palliat Med. 2014; 28:49-58.

Nowara V, Krumm N, Elsner F. Outpatient palliative care of patients with migration background Z Palliativmed 2021; 22: 147-154

Pesut B and  Greig M. Resources for education, training and mentoring nurses and unregulated nursing care providers in palliative care: A review and expert consultation. J Pall Med 2017; 20:S-50

Rizza K, Mathis G. [Nurses' perspectives on outpatient palliative care in Vorarlberg, Austria]. Z Gerontol Geriatr. 2019; 52:667-672. German. doi: 10.1007/s00391-018-01468-1.

Schenker Y. The Next Era of Palliative Care. JAMA 2015; 314:1565-6

 

Österreichische PalliativGesellschaft: Abstractband.
EINreichungen für den OPG Kongress 2022. Prämierungen im Rahmen des 5. Österreichischen Palliativtages 16.09.2022
Haus der Ingenieure, Wien & Online

Auf den folgenden Seiten befinden sich Abstracts aus Vorarlberg:

S. 10 | 8:
Mangelernährung in der palliativen Grundversorgung Sandra Ferrari-Büchele, Angelika Matt, Patrick Clemens

S. 12 | 11:
Projekt: „Palliative Care goes School“ Dr. Otto Gehmacher, Andrea Moosbrugger, Christoph Miller

S. 13 | 12:
Praxisprojekt Hospiz und Palliative Care zuhause Dietmar Illmer, Mag.a Angela Jäger, Dr. Karl Bitschnau

S. 15 | 15:
Wie guter Schlaf die Lebensqualität verbessern kann Nadja Makoru, Katharina Rizza

S. 16 | 17:
Palliativmedizin in der Notfallmedizin – Eine Befragung von Notärztinnen und Notärzten der Stadt Salzburg – Projektarbeit 19. Vorarlberger Palliativ-Basis-Lehrgang 2019, Bildungshaus Batschuns Dr. Florian Mitter, Univ.-Prof. Dr. Gebhard Mathis

S. 17 | 18:
Fatigue in Palliative Care: Wie das Pflegepersonal in der ambulanten Krankenpflege den Betroffenen optimal unterstützen kann Sandra Maria Mitterhuber, Hilde Kössler

S. 18 | 19:
Wie trägt die Implementierung einer tiergestützten Intervention zum Wohlbefinden von PatientInnen auf der Palliativstation bei? Anja Mock, Hilde Kössler

S. 18 | 20:
Umgang mit Suizidalität im stationären palliativen Setting Andrea Moosbrugger, Dr. Otto Gehmacher

S. 22 | 25:
Palliative Physiotherapie Alexander Wüstner, Otto Gehmacher

 

Allgemeine Ambulante Palliativversorgung in Vorarlberg.
Univ. Prof. Dr. Gebhard Mathis, Katharina Rizza

Der Bedarf an Palliative Care wird bekanntlich in den kommenden Jahren aufgrund demografischer Entwicklung zunehmen. Schätzungsweise 80-90% der Patientinnen benötigen eine allgemeine Palliativversrogung, während 10-20 % eine Betreuung von spezialisierten Einheiten brauchen. Eine Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen ambulanten Pflegediensten und niedergelassenen Hausärztinnen ist daher ein Gebot der Stunde. Wie kann sie gelingen?